Ausstellungen
"Pixel und Pigmente"- Sabine rudolph
Ansprache Dr. Michael Becker / Schulleitung wfk
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie sehr herzlich zur Eröffnung der Ausstellung “Pixel und Pigmente” mit Bildern von Sabine Rudolph.
Die Wiesbadener Freie Kunstschule startet mit dieser Ausstellung einen neuen konzeptuellen Ansatz, nämlich die enge Verknüpfung von Anschauung und handwerklicher Praxis. Der Besucher unserer Ausstellungen soll selber handwerklich tätig werden können, um vor allem die technischen Errungenschaften einer künstlerischen Arbeit nachzuvollziehen und für eigene, weiterführende künstlerische Ideen zu nutzen und ggf. zu erweitern. Auf diese Weise wird es einerseits möglich, den ausgestellten Werken vom handwerklichen Standpunkt aus gesehen näher zu kommen. Der Einblick in den technischen Modus Operandi bereichert auf der anderen Seite die handwerklichen Möglichkeiten von Kunstinteressierten, die sich vielleicht von dem ein oder anderen Bild inspiriert fühlen, selbst aber nicht wissen, wie sie genau vorgehen könnten, um die sie faszinierenden Effekte zu reproduzieren, um vielleicht eigene Bilder in dieser Manier zu gestalten. Wir offerieren Ihnen daher nächstes und übernächstes Wochenende zwei Workshops, die Sie gerne in Anspruch nehmen dürfen. Sabine Rudolph leitet diese Workshops natürlich persönlich, so dass Sie aus erster Hand die technischen Kniffe kennen und anwenden lernen.
Sabine Rudolph war in den Jahren 2006 bis 2008 hier an dieser Schule. Sie belegte im Fachbereich Malerei die Kompositionslehre, Farbenlehre, Synthetisches Zeichnen, Technik der Malerei, u. a. das Studium der Technik alter Meister.
Im Sommer 2009 hatte sie ihre erste Einzelausstellung in Wien in der Galerie R2 mit dem Thema: „Dialog Figur und Raum“. Bereits im Herbst des Jahres die zweite in der Galerie am Schloss in Frankfurt Höchst. Und so arbeitete sie gezielt die kommenden Jahre. Menschen/Porträts waren stets ihre Schwerpunkte, wobei sie die gegenständliche Darstellungsweise bis heute nicht verlassen konnte.
Zwei wichtige Projekte in dieser Zeit:
Ihr zweites großes Projekt war die Arbeit mit 10 jungen Schauspielerinnen und Schauspielern, alle inzwischen Absolventen der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Eine von ihnen ist heute hier anwesend. Sabrina Frank.
Das Studium von Mimik und Gestik war nunmehr ihr Arbeitsschwerpunkt
Anhand von umfassenden Fotostudien erarbeitet sie Entwürfe, die ihr als Vorlagen für ihre Porträts dienen.
Immer mehr ist der Computer ihr Begleiter, was bereits bei den Zeichnungen der jungen Studenten, der Weißen Rose, begann. Sie schafft am Computer die Bildideen und zeichnet dann auch direkt vom PC-Schirm. Durch die Möglichkeit der starken Vergrößerung kann sie sehr ins Detail gehen.
Die aktuelle Werkserie besteht aus Porträts auf schwarzem Hintergrund: In dieser Serie beschäftigt sie sich mit dem Spiel des Lichtes, untersucht Lichtreflexionen und lotet deren Möglichkeiten aus. Licht und Schatten bestimmen den Bildaufbau.
Einige Ergebnisse dieser aktuellen Werkserie stellt sie heute hier in der wfk aus. Sie sind auch die Basis für die beiden Workshops, die an den nächsten beiden Wochenenden bei uns stattfinden werden. Sabine Rudolph wird gleich dazu noch näher eingehen.
Das eigentliche Faszinosum der hier ausgestellten Arbeiten besteht offensichtlich darin, dass mit den geringsten farbmateriellen Mitteln eine Illusion von differenzierter Plastizität geschaffen wird. Denn es wird lediglich mit weißer Ölfarbe gemalt. Allein durch die technische Nutzung und Aktivierung des Helldunkelkontrastes werden aus der schwarzen Grundfläche sowohl durch hauchzarte Abstufungen als auch durch extreme Schlagkontraste körperhafte Anmutungen herausgearbeitet, die hier im speziellen Fall in fotografischen Realismen kulminieren. Dieser spezielle Umstand lässt den Betrachter in der Tat zwischen der Identifizierung von Fotografie und Malerei changieren, was zu den üblichen Irritationen führt, die wir klassischerweise aus der Kunst des Fotorealismus u. ä. kennen. Schnell keimt in einem die Frage auf, warum Malerei, wenn sie wie Fotografie aussieht? Warum verspürt ein Künstler den Drang, die Fotografie, wenngleich nachträglich digital bearbeitet und reduziert, nicht als solche zu belassen, sondern sie in die Malerei herüberzuholen? Vielleicht geht es darum, den physikalischen Komplexitäten, die uns die reale, fotografierbare Welt offeriert, ein Schnippchen zu schlagen, sie in eine einfache Malerei zu verwandeln, um ihr ihren Schrecken der Vielfalt zu nehmen. Vielleicht geht es darum, mit reduzierten Mitteln etwas zu illusionieren, das in Wirklichkeit ganz anderen, heterogenen Gesetzen untersteht, die wir niemals eigenmächtig unter Kontrolle bringen könnten. Alleine schon eine Schwarzweißfotografie changiert zwischen Wirklichkeitswiedergabe und Abstraktion. Eines drauf setzt eine Malerei, die mit ihren genuin abstrahierenden Mitteln sich noch stärker von der visuellen Wirklichkeit entfernt, indem sie der Abstraktion der Schwarzweißfotografie eine weitere Abstraktionsstufe hinzugesellt, um aber im gleichen Zuge sich den optischen Regeln von Licht und Schatten zu verpflichten. Ich denke, diesen Widerspruch zeichnet die aktuelle Werkreihe von Sabine Rudolph aus. Seine möglicherweise produktiven Implikationen können wir gerne in gemeinsamen Diskussionen im Anschluss erörtern.
Ich von meiner Seite bedanke mich schon einmal für Ihr Kommen und übergebe gerne das Wort an Sabine Rudolph.
Vielen Dank!